Kaiserstadt Ajaccio: Stadtführung auf den Spuren Napoleons
Der Treffpunkt der Stadtführung auf den Spuren des Kaisers Napoleon Bonaparte ist vor der Touristeninformation von Ajaccio (Office Intercommunal du Tourisme d'Ajaccio) – mit Pierre André, dem offiziellen Stadtführer der Touristeninformation. Wenn ich eine kurze Bestandsaufnahme dessen machen müsste, was ich über Napoleon weiß, wäre diese sehr begrenzt. Ich habe allerdings vor, diese historischen Lücken zu füllen! Dennoch werde ich versuchen, meine Erinnerungen aus der Schule zusammenzutragen:
Napoleon wurde 1769 in Ajaccio geboren und starb 1821 auf der Insel St. Helena. Sein Vater hieß Carlo Maria Buonaparte und seine Mutter Letizia Ramolino. Er wurde 1771 in der Kathedrale von Ajaccio getauft und erklärte sich 1804 selbst zum Kaiser der Franzosen. Seine größten Erfolge waren die Gründung der Bank von Frankreich, die Schaffung des „Code Civil“ (das erste Bürgerliche Gesetzbuch Frankreichs), des Präfektenamtes und der Ehrenlegion…
Die Besichtigung der symbolträchtigen Orte, die mit dieser rätselhaften Persönlichkeit in Verbindung stehen, könnte ohne Pierre André nicht stattfinden. Denn dieser kennt das Thema (und die halbe Stadt Ajaccio) wie seine Westentasche: Gespickt mit Rätseln, Anekdoten und Begegnungen ist die Stadtführung eine tolle Erfahrung.
Ein prächtiger Salon im Herzen der Stadt
Die Führung beginnt mit der Besichtigung des „Salon napoléon“ (dt. Napoleonischer Salon), der sich im ersten Stock des Hôtel de Ville, dem Rathaus von Ajaccio, befindet. Die prunkvollen Verzierungen an der Marmortreppe, die zu diesem Raum führt, lassen erahnen, was uns im Napoleonischen Salon erwartet. Tatsächlich sind die Wände mit Gemälden von imposanten Ausmaßen geschmückt. Familienporträts, Büsten, Vergoldungen, Seidenstoffe, Zierleisten, ein Marmorkamin, Fresken und Kronleuchter prägen den Raum. Der Parkettboden in Fischgrät-Muster, der unter unseren Schritten knarrt, der faszinierende Meerblick und die Place Foch vervollständigen das Bild. Auch die Totenmaske von Napoleon I. verleiht den Räumlichkeiten eine erhabene Atmosphäre.
Moment der Besinnung in der Kaiserkapelle
Anschließend führt uns Pierre André zur Chapelle Impériale (dt. Kaiserkapelle) in der Fußgängerzone der Rue Fesch, die nach Napoleon Bonapartes Onkel, Kardinal Fesch, benannt wurde. Die Kapelle wurde als Ruhestätte für die Gräber der Mitglieder der Familie Bonaparte und des Kardinals Fesch errichtet. Auch hier ist die Einrichtung prunkvoll und zeugt von einer geschichtsträchtigen Vergangenheit... Trompe l'oeil-Malerei, Stuck, bunte Kirchenfenster, Gemälde... Der Gedanke an die Krypta unter unseren Füßen, in der sich die berühmten Gräber befinden, lässt unsere Besichtigung fast unverschämt erscheinen, aber dank Pierre Andrés historischer Erzählung zerstreut sich dieses Gefühl sehr schnell und wir lauschen seinen Rätseln und Anekdoten.
Die Tour geht dann weiter durch die Gänge des Palais Fesch (so langsam wird mir dieser Name vertraut). Hier befindet sich das Musée des Beaux-Arts... Neben den berühmtesten italienischen Malern wie Tizian, Botticelli und Poussin (wenn ich so bescheiden sein darf) finden wir hier beeindruckende Büsten – eine naturgetreuer als die andere – mit dem Bildnis des Kaisers und seiner Familie, sowie Gemälde von beeindruckender Größe, die die Schlachten und den Einfluss Napoleons zeigen.
Ein unterhaltsamer Besuch im Maison Bonaparte
Die nächste, nicht unwesentliche Etappe ist ein Museum, das sich deutlich von anderen Museen unterscheidet. Um welches Museum handelt es sich wohl? Erster Hinweis: Es ist das meistbesichtigte Museum Korsikas. Zweiter Hinweis: Napoleon wohnte hier bis zu seinem neunten Lebensjahr. Dritter Hinweis: Gustave Flaubert, Edward VII und viele andere gingen hier im Laufe der Geschichte ein und aus... Die Antwort lautet natürlich… die Maison Bonaparte!
Wie eine Zeitreisende entdecke ich mit Pierre André, dem unermüdlichen Experten dieses Ortes, die Möbel aus der Zeit Napoleons, Familienfotos und die verschiedenen Räumlichkeiten des Hauses, in denen der zukünftige Kaiser das Licht der Welt erblickte und aufwuchs.
Nachdem wir die Maison Bonaparte verlassen haben, schlendern wir durch die Gassen der Altstadt von Ajaccio. Ab und an werden wir von Bekannten von Pierre André angehalten, der hier fast so berühmt ist wie Napoleon selbst... die Straßen und die Geschichte von Ajaccio bergen für ihn längst keine Geheimnisse mehr.
Die Kathedrale von Ajaccio... ein Ort der Erinnerung und des Gebets
Für den nächsten Abschnitt der Besichtigung führt uns Pierre André zur Kathedrale von Ajaccio , die direkt am Meer liegt. Bereits beim Betreten der Kathedrale werde ich von Emotionen überwältigt: die beeindruckende Größe, die stille Andacht der Anwesenden, der Geruch von Weihrauch nach der Messe, die brennenden Kerzen, die an Gebete von Gläubigen erinnern. Der Tourguide erklärt mir, dass hier im Jahr 1771 der zukünftige Kaiser getauft wurde. Außerdem diente dieser Ort, lange bevor die Kaiserkapelle errichtet wurde, den Mitgliedern der Familie Bonaparte als letzte Ruhestätte. Für ein weiteres Rätsel weist der Stadtführer auf ein heraldisches Ornament auf der linken Seite des Chors... Können Sie die Bedeutung dieses Ornaments erraten? Mehr verrate ich Ihnen diesmal nicht!
Die großen Leistungen des Kaisers
Die letzte Etappe unserer Tour auf den Spuren Napoleons führt uns zur Place d'Austerlitz (oder Place du Casone, wie die Einwohner von Ajaccio diesen Platz nennen) und zur Napoleon-Höhle... Der Spaziergang dorthin, im Schatten der Platanen, vorbei am sogenannten Quartier „des Étrangers“ (dt. Ausländerviertel), ist sehr angenehm. Pierre André nutzt die Gelegenheit, um mir von Miss Campbell zu erzählen, der berühmtesten schottischen Touristin des 19. Jahrhunderts, die sich in einem prunkvollen Haus in dieser Straße niederließ, das für sie erbaut wurde... Am oberen Ende der Straße ankommen, ist der Kontrast überwältigend: Auf der großen Place d'Austerlitz befindet sich ein gewaltiger geneigter Gedenkstein, auf dem die Errungenschaften des Kaisers aufgelistet sind. Pierre André weist mich darauf hin, dass unterhalb des Gedenksteins das Symbol Ehrenlegion in den Boden eingraviert ist. Ganz oben thront eine eindrucksvolle Statue von Napoleon. Die Höhle unter diesem Denkmal soll der Legende nach der Ort sein, an dem Napoleon als kleiner Junge spielte und schon damals von einem historischen Schicksal träumte.
Die Tour endet schließlich auf der Place d'Austerlitz, dem Symbol von Napoleons größtem Sieg. Ein herzliches Dankeschön geht an Pierre André, der mehr ist als nur ein Stadtführer. Er sorgt dafür, dass die Erinnerung an Napoleon in Ajaccio erhalten bleibt und gibt sein Wissen Tag für Tag an glückliche Touristen weiter, die seinen Weg kreuzen.
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