Durch Johanna am 12.07.2018
Porto-Vecchio um 8 Uhr morgens: Stéphane Rogliano, unser Wanderführer, ist schon zur Stelle. Ich habe schon Einiges über ihn gehört – über seine Leidenschaft für Pflanzen, seinen Gärtnerberuf, seine kulinarische Zusammenarbeit mit bekannten Küchenchefs – aber ich ahnte nicht, was ich in den folgenden Stunden alles erleben würde ...
15 Minuten später halten wir auf der Strecke, die nach L'Ospedale führt, an. Stéphane parkt den Geländewagen im Schatten einer Eiche. Trotz der frühen Morgenstunden ist es schon sehr warm und sonnig. Aber kein Problem, denn ich bin gut ausgerüstet, mit Wasser, einer Kappe, einer langen Hose, T-Shirt und festen Schuhen. Ich bin bereit für mehr als drei Stunden in der korsischen Macchie „a macchja“, mit einem Begleiter, der in Sachen Duftwanderung Maßstäbe setzt – eine „Rando nez“ – also eine Wanderung mit einer Nase, wie man sie sonst aus der der Parfümeurskunst kennt.
Bevor dieses Geruchserlebnis startet, leitet Stéphane die Entdeckung der korsischen Macchie mit den folgenden Worten ein: „Erst in den 1970er Jahren haben wir dank des Aufkommens ökologischer Ideen verstanden, dass der wahre Reichtum in der Artenvielfalt und in der ursprünglichen Natur liegt“. Davon werden wir uns auf unserer Wanderung überzeugen.
In Sachen Artenvielfalt werden wir reichlich beschenkt: Uns eröffnet sich eine erstaunliche Flora, mit zahlreichen Grüntönen, Bäumen, Sträuchern, unterschiedlichem und vielseitigem Gestrüpp, das vor allem intensiv duftet. Stéphane ist mit seiner Gartenschere bewaffnet und schneidet vorsichtig kleine Duftproben der Pflanzen ab, die er an uns verteilt. „Zerreiben Sie diese sanft zwischen zwei Fingern und riechen Sie ...“ – eine wahre Duftexplosion! Myrte (A Murta), Fenchel, Korsischer Thymian (Erba Barona), Echte Katzenminze (Nepita), Rosmarin, Zieste (Erba Strega), Italienische Strohblume (A Muredda), Majoran (A Persa), Raue Stechwinde und viele weitere Pflanzen, deren Namen ihren Duft beschreiben. Die Macchie in meinen Handflächen!
Stéphane ist nicht zu bremsen. Er erläutert uns detailliert das Verhalten der Pflanzen: warum sie an einem bestimmten Ort wachsen, warum einige Bäume ihr Laub abwerfen und andere es behalten, warum die Eichen im unteren Bereich gezackte Blätter und oben glatte Blätter haben etc. Er bringt uns auch die Eigenschaften der ätherischen Öle näher, insbesondere die der Italienischen Strohblume. Er kennt alle wissenschaftlichen und lateinischen Bezeichnungen auswendig und könnte zu dem Thema noch stundenlang erzählen! Zwischen zwei „Pflanzenerklärungen“ sagt er augenzwinkernd zu mir: „Früher sprach ich weniger und lief mehr – heute, mit den Jahren, spreche ich mehr und laufe weniger“.
Hinter einer Kiefer entdecken wir einen kleinen, aus Steinen gebauten Kasten: Wozu könnte er dienen? Die Antworten sprudeln hervor: ein Holzofen, ein Brotofen oder ein Trockenraum für Kastanien? Nein, tatsächlich handelt es sich um einen Ziegelofen! Vor Jahrzehnten lebten hier inmitten der Macchie Menschen, die ihr Land bestellten, Wildschweine jagten und von dem lebten, was die Natur ihnen schenkte.
Und das ist auch Stéphanes Mission: den Besuchern, die die korsische Macchie kennenlernen möchten, die Geschichte und die Kultur zu vermitteln.
Nach drei Stunden Wanderung und Geruchseindrücken treten wir mit einem Anflug von Wehmut den Rückweg an. Die Düfte in meiner Kleidung, auf meinen Händen und in meinen Haaren lassen mich noch einige Minuten später an die Wanderung zurückdenken, die gerade zu Ende gegangen ist.
Stéphane ROGLIANO
« Balade avec un nez »
Randonnée pédestre à la demi-journée (en groupe)
Participation : 20 €/pers.
Enfant - de 14 ans : 12 €
Sortie privative à partir de 200 €
Tel : 06 19 89 65 36