image

Durch Anne am 09.11.2023

Weingut Fiumicicoli

Drei Generationen – dieselbe Leidenschaft

Die schöne Straße ist kurvenreich und von Feldern gesäumt, steigt stetig an und führt hinauf zu den mythischen Aiguilles de Bavella. Hinter einer Kurve, etwa 12 km von Sartène entfernt, taucht das hohe, kantige Gebäude aus rosa- und ockerfarbenem Stein auf und weist bereits auf die Geschichte des Weinguts hin. Die Anbauflächen liegen zum Teil 250 Meter hoch. Die Reben sind in perfekten Reihen angeordnet. An den Ausläufern der Granithänge fließt ein kleiner Fluss, nach dem das Weingut Fiumicicoli benannt ist. Der Name bedeutet so viel wie “kleiner Fluss“. Eine heitere Atmosphäre durchdringt den Ort.
Wir werden von Vertretern aller drei Generationen der sympathischen Familie Andreani empfangen.

DIE ANFÄNGE

Das Weingut Fiumicicoli entstand 1964 dank des Willens und der Leidenschaft von Félix Andreani, einem Mathematikprofessor, der in die Landwirtschaft wechselte. Félix entdeckte an einem abgelegenen Ort das alte, renovierungsbedürftige Granitgebäude, das über der Landschaft thronte. Er kaufte das Grundstück zusammen mit ein paar Rebstöcken, die mittlerweile 100 Jahre alt sind, und machte sich mit Mut und Hartnäckigkeit daran, einen Weinberg anzulegen. Die Böden wurden mit nur wenigen Mitteln gerodet, entsteint, entwässert und gepflügt. Die Arbeit war hart. Doch Félix fand Unterstützung bei seinen alten Freunden von der Fakultät und bei denen aus seinem Sportverein. Félix war Athlet und betrieb Sport auf hohem Niveau. Zu dieser Zeit bestand der Weinberg aus traditionellen Rebsorten, und schon damals bewirtschaftete der Winzer die Flächen nach dem Prinzip des biologischen Anbaus. Er fasste den Entschluss, korsische Rebsorten anzupflanzen, um sie bekannt zu machen und eine Inselidentität zu etablieren. Félix war neben Antoine Arena und Dominique Gentile in Patrimonio einer der ersten Winzer, die sich für die Anerkennung korsischer Weine als Appellation einsetzten. Eine langwierige Arbeit... Der AOC-Wein Corse Sartène stammt aus dem Jahr 1976. 

©MASTERCHEF ©MASTERCHEF

DAS WEINGUT 

Der Weinberg, anfangs etwa 10 Hektar groß, umfasst heute 75 Hektar, verteilt auf zwei Anbauflächen: die erste Fläche mit 45 Hektar befindet sich auf dem Weingut selbst, die andere mit 30 Hektar auf dem zweiten Anwesen der Familie, das etwa 30 km von der Kellerei entfernt im Ortolo-Tal liegt. Die Komplexität der Terroirs und Rebsorten entstehen aus dem Zusammenspiel von Bodeneigenschaften, klimatischen Einflüssen und Rebsorten. Die Stile und Charaktere der Weine lassen sich nach Belieben formen. Das Terroir verändert sich je nach Mikroklima. Darüber hinaus beeinflussen die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht das Wachstum der Trauben. Das Weingut im Ortolo-Tal verfügt über Böden, die sich gut für den Anbau der roten Rebsorten Sciaccarellu, Nielluciu, Carcaghjolu, Minustellu und Syrah sowie für die weißen Rebsorten Vermentinu und Biancu Gentile eignen. Das Terroir auf dem Plateau im Sartenais hingegen eignet sich für den Anbau weißer Rebsorten sowie der Sorte Sciaccarellu, die für Roséweine verwendet wird. Der Granitboden ist durchsetzt mit Schichten aus Sand und Kies sowie Lehm. "Unsere Edelreiser stammen von den Vermentinu-Reben. Nach der Entnahme werden sie kühl gelagert und später auf die gewünschten Unterlagsreben gepfropft. Wir haben lange gezögert, bevor wir neue Rebsorten entwickelt und gepflanzt haben. Aber die Nachfrage nach Weißweinen ist heute sehr hoch, und wir müssen diesem Trend gerecht werden", sagt Simon, der Sohn von Félix. "Wir bewirtschaften unsere Weinberge biologisch, mein Vater hat den Einsatz von chemischen Düngemitteln und Pestiziden immer strikt abgelehnt. Unsere Böden sind sauber und seit der Gründung des Weinguts, das seit 15 Jahren mit einem Öko-Label ausgezeichnet ist, zu 100 % biologisch", erklärt er.

 

©MASTERCHEF ©MASTERCHEF

DIE WEINLESE

"Die Weinlese erfolgt mechanisch und sehr früh am Morgen, um die Trauben möglichst kühl zu halten und vor Oxidation zu schützen. Aufgrund der Entfernung zwischen dem Standort in Ortolo und der Kellerei sind die Transportwege kompliziert. Zwei Lastwagen wechseln sich ab. Während der eine befüllt wird, lädt der andere die Trauben in der Kellerei ab, wo sie sofort weiterverarbeitet werden. Dieser ständige Pendelverkehr dauert bis zum späten Vormittag, bis zum Einsetzen der Hitze", erklärt die Önologin Lesia, Simons Tochter. Die früheste Rebsorte ist Biancu-Gentile, die auf einer 1,2 Hektar großen Parzelle des Weinguts angebaut wird. Die Reben werden in einer Assemblage für die Cuvée Vassilia verwendet, sie verleihen dem Vermentinu ein wenig Fülle.

 

  

©MASTERCHEF ©MASTERCHEF

 LESIA, EINE JUNGE ÖNOLOGIN

2019 erwirbt Lesia in Bordeaux das Diplom BTSA Viticulture-Œnologie, bevor sie weitere drei Jahre in der Schweiz an der École de Changins studiert. Sie schließt das Studium mit einem Diplom als Ingénieur Œnologue ab. Während ihrer Ausbildung absolviert sie Praktika auf Weingütern im Bordelais und im Wallis. Dort experimentiert sie mit Techniken in den Bereichen Weinkeller, Weinberg und Labor und lernt verschiedene Verfahren der Vinifikation und des Ausbaus kennen. Nach ihrer Rückkehr auf das Familiengut führt sie mit der Unterstützung ihres Vaters Simon und aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen neue Verfahren für die Vinifikation ein. Sie testet verschiedene Extraktionstechniken, darunter die Kaltmazeration vor der Fermentation, und sie führt die Biokontrolle der Rotweine ohne Sulfite bis zum Ende der Fermentation durch. Bei den Assemblagen arbeitet sie zusammen mit Olivier Nasles, Weinberater und Präsident der Weingenossenschaft der AOP-Weine Coteaux d'Aix-en-Provence. Er bestärkt sie hinsichtlich ihrer Fähigkeiten. Das Terroir verleiht dem Wein seinen Charakter, die önologischen Verfahren bestimmen seine Qualität und Lesias Kunst vereint beides. 

 

DER WEINKELLER: ORT DER VERWANDLUNG

Félix ist stolz darauf, sein Lebenswerk präsentieren zu können. Der 150 Jahre alte Keller war schon immer dem Wein gewidmet. Nach der Renovierung der Wände aus beigefarbenen Granitblöcken und der Erneuerung des Dachs aus roten Ziegeln erinnert das Gebäude an ein elegantes und funktionales Bauernhaus. Die angrenzenden Erweiterungsbauten haben Holzfassaden und sind im natürlichen Stil gebaut. Durch eine riesige Eichentür gelangt man in den etwa fünfzehn Jahre alten Weinkeller. Hohe Edelstahltanks reihen sich vom Eingang bis zum hinteren Teil des Raumes. Der Weinkeller, dessen Farben je nach Licht zwischen grau und schwarz variieren, ist fast fünfzehn Meter hoch. Auf der rechten Seite befinden sich die Tanks, die bis zur Decke reichen. Sie sind durch Zwischenböden aus Edelstahl in mehrere Tankkammern unterteilt, so dass auf zwei oder drei Ebenen verschiedene Cuvées ausgebaut werden können. Dieses System ermöglicht eine effiziente Nutzung des Raums sowie eine individuelle Vinifikation und Reifung. Weiter hinten im Raum befindet sich die Zugangstreppe zu den oberen Ebenen. Auf der rechten Seite stehen acht Behälter, in denen die Bündel mit den Vermentinu-Edelreisern aufbewahrt werden, die auf dem Weingut entnommen wurden und später auf Unterlagsreben gepfropft werden. Auf der linken Seite führt eine schmale, steile Treppe hinunter in den ebenso großen wie überraschenden Barriquekeller. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich ein riesiges Regal mit Eichenfässern, die in Reihen übereinander angeordnet sind und der Reifung des Weins dienen. Ein mitten in den Beton hineingebauter, leistungsstarker Lastenaufzug weist darauf hin, wie wichtig und nützlich er hier ist. Félix hat den ursprünglichen Weinkeller beibehalten. Für die Produktion eines neuen Weintyps begann Simon vor einigen Jahren, zusammen mit seinem Vater, mit Fässern zu experimentieren. Im Jahr 1997 entstand die erste rote Cuvée "Vassilia", benannt nach Simons ältester Tochter. Der Versuch wurde von Kritikern gelobt und das Renommée des Weinguts noch größer. Heute tragen die drei Farben der Cuvées den Wert und die Identität des Weinguts in sich. Ein Drittel der Bordeaux-Fässer wird jedes Jahr erneuert. Die Weißweine reifen neun Monate in neuen Eichenfässern mit mittlerer Toastung, damit sie die richtigen buttrigen und gerösteten Noten erhalten. Die Rotweine altern zwölf Monate im Holz, um eine tanninhaltige Rundheit zu entwickeln. Neue Kreationen aus sortenreinen Weinen vervollständigen das Sortiment.

 

©MASTERCHEF ©MASTERCHEF

VASSILIA, VERANTWORTLICH FÜR DEN VERTRIEB

Vassilia, die älteste Tochter der Familie, kehrte nach dem Abschluss ihres Master-Studiums „Commerce et Marketing des Vins“ auf das Familiengut zurück. "Meine Schwester und ich verstehen uns bei der Arbeit sehr gut, wir bewegen uns in zwei parallelen Sphären", lacht Vassilia. "Unsere Rosé-Produktion passt sich der Nachfrage an, und die steigende Entwicklung bei Weißweinen zwingt uns dazu, entsprechende Rebsorten neu zu kultiivieren", erklärt sie weiter. "Zwei Drittel unserer Produktion werden an Weinhändler und Gastronomen auf der Insel verkauft. Der Rest wird extern verkauft, ein kleiner Teil davon geht ins Ausland. Um Bestellungen entgegenzunehmen und auszuliefern, bin ich regelmäßig zwischen Porto-Vecchio, Bonifacio, dem Valinco und der Alta Rocca unterwegs. Alle unsere Cuvées sind im Verkaufsraum des Weinguts erhältlich. Für Besucher:innen bieten wir auch Weinproben an", erklärt sie. 

 

DIE WEINPROBE

Fiumicicoli Blanc AOP 2022: Blassgoldenes Auge mit grünen Reflexen, schöne, glänzende und strahlende Viskosität. Nase: florale Noten, blumig und köstlich, Flieder, Honig, Nougat. Eine Gartenatmosphäre mit viel Frische. Hübsche Mineralität, in der Nase saftig, pflanzlicher Hauch, verführerische Zitrusnote. Im Mund: Saftiger Auftakt mit Spannung, Mundmitte "Albedo“, bitter, schöne Spannung, Lebendigkeit, Oxalis-Stängel, Mandelmilch. Ein Wein aus 100% Vermentinu, belebend und köstlich.

Fiumicicoli " Giovichi " Rouge 2020: Auge kirschrot, mit glänzenden purpurnen Reflexen. In der Nase: sehr elegant mit würzigen Noten und warmen Reliefs von schwarzen Beeren, schwarzen Johannisbeeren, Kirschen, Myrten. Im Mund: seidiger und saftiger Auftakt, eine verwöhnende und leicht saure Tanninstruktur, verlängert durch eine tiefrote, fruchtige Frische von schöner Substanz. Die Schärfe des schwarzen Pfeffers verbindet sich mit Lakritznoten, die verwöhnende Substanz zeigt eine großartige Balance, die den luftigen und saftigen Abgang veredelt. Ein herrlicher Wein aus der Kombination von Minustellu und Carcaghjolu Neru. 

Fiumicicoli " Vassilia " Rosé 2022: Auge: Rosenblüten mit glänzenden Reflexen. In der Nase: sehr fruchtig, Himbeere, Rote Johannisbeere, Grapefruitnote, schöne Bitterstoffe, Spannung, mineralisch. Im Mund: Bonbons Arlekin, florale Noten: Glyzinie, Jasmin. Schöne Spannung, ein köstlicher, blumiger Rosé. Loukoum-Note, Litschi, sehr saftig, schönes Gleichgewicht zwischen Substanz, Lebendigkeit und Alkohol. Ein Wein von sehr großer, bezaubernder Eleganz.

 

©MASTERCHEF ©MASTERCHEF

Weingut Fiumicicoli 

Route de Lévie, 20100 Sartène 

Tel. : 04 95 77 10 20 - www.domaine-fiumicicoli.com 

 

Ziel

Über das gleiche Thema zu entdecken

AUTOUR DU VIN

Aktionen zum Mitnehmen

AUTOUR DU VIN