Durch Anne am 15.05.2024
Von Bonifacio im Süden bis Centuri ganz im Norden hat das prächtige Meeresgeschöpf den ältesten Inselfischern zeitlebens als verlässliche Einnahmequelle gedient. Die Jagd nach Krustentieren ist eine Leidenschaft, die in vielen Familien von Generation zu Generation weitergegeben wurde.
Für die Herstellung von Reusen fertigten die Langustenfänger von Hand beeindruckende Flechtwerke aus Pflanzenstängeln, häufig Binsen oder Olivenholz.
Diese Fallen wurden mit einem Seil an einer Boje befestigt und an strategischen Stellen am Meeresgrund abgelegt – dann hieß es abwarten. Warten, bis eine Languste sich darin verfängt. Häufig verstecken sich die Krustentiere in bis zu 150 Metern Tiefe, meist auf felsigem, gelegentlich aber auch auf sandigem Untergrund.
In den 1960er Jahren wurden überall auf der Insel die Reusen durch effizientere Nylonnetze ersetzt, was das Geschäft mit den Krustentieren schlagartig lukrativer machte, aber auch zu einer starken Schrumpfung der Bestände führte. Heute erholen sich die Populationen im gesamten Mittelmeerraum nur langsam, und der Langustenfang ist strengen Einschränkungen unterworfen, besonders im Hinblick auf die Größe der Tiere.
Aufgrund seines feinen, wohlschmeckenden Fleisches wird die Rote Languste weithin geschätzt und auf tausend verschiedene Weisen genossen, bei der Zubereitung hält man sich sorgfältig an traditionelle Rezepte, die oft mündlich von den Vorfahren überliefert wurden.
Ab Anfang März macht Xavier d’Orazio seine Netze in weniger als einer Meile Entfernung vom Hafen fest. Bei der Fachkammer für Küstenfischerei in Ajaccio arbeitet er als Arbeitsrichter. Sowohl hinsichtlich der Fangorte als auch der Fangweise hütet hier jeder der Fischer seine Berufsgeheimnisse. An Bord von traditionellen Holzbooten, die fast alle in der alten Werft am Hafen von Tino-Rossi gebaut wurden, versuchen sie, für die Restaurants und den Fischmarkt der Kaiserstadt ein paar Langusten zu fangen. Heute werden täglich nur wenige Kilo Krustentiere aus dem Wasser geholt, in den 1990er Jahren waren es fast zwanzig.
Als Fischer weiß Xavier, wovon er spricht. Er schwört auf ein einziges Rezept, das den vollen Genuss des Krustentiers gewährleistet, und das beginnt nicht mit dem Kochen einer Riesenschüssel Nudeln. Küchenchefs, die von der Fischerei wenig Ahnung haben, werden ihn garantiert nicht vom Gegenteil überzeugen.
Im Sommer wird die Altstadt allerdings von den Düften eines weltweit bekannten Gerichts erfüllt, das für das Ansehen Korsikas in der Gastronomie eine gewichtige Rolle spielt. Bei Bilboq einen Platz zu ergattern ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit.
Auf jedem Tisch dieses Restaurants steht in der Mitte eine große Pompadour-Platte – dort thronen, auf einen Berg Spaghetti gebettet, die aufgeschnittenen Langusten mit einer Tomatensoße, deren Rezept allein der Chefkoch kennt.
Es ist ein Nudelgericht, das einem überall auf der Insel begegnet. Mittags wird es auf den Ausflugsschiffen zu den Lavezzi-Inseln ebenso serviert wie auf dem Hof eines prächtigen alten Anwesens im Hafen von Centuri.
Momentan findet man auf den Tellern mehr korsische Langusten als in den Reusen und Fischernetzen, doch die Wissenschaft dürfte der Branche bald wieder zu einem Aufschwung verhelfen. So hat die Forschungsplattform Stella Mare in der Region Haute-Corse kürzlich das Geheimnis der Fortpflanzung von Krustentieren in Gefangenschaft gelüftet. Fischer, Gastronomen und Gourmets können also auf ein Wiederaufleben dieses emblematischen Wirtschaftszweigs der Inselfischerei hoffen.
Fisch und Meeresfrüchte
Direkt neben dem überdachten Markt im Stadtzentrum von Ajaccio ist kürzlich ein neuer Fischmarkt entstanden, auf dem die lokale Vielfalt an Fischereierzeugnissen zu besichtigen ist. An den Verkaufsständen finden sich die von Fischern aus ganz Korsika gelieferten Meeresprodukte. Die Auswahl an Fischen und Krustentieren aus dem Mittelmeer ist groß, auch für den Verzehr vor Ort.